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Therapieoptionen im Bereich der Psychologie

Jun 1, 2023

Neben den vorgestellten psychiatrischen Problemen wollen wir Sie in den folgenden Zeilen über die möglichen Therapieoptionen im Bereich der Psychologie informieren.

Eine Beratung zur Erkrankung, Behandlung oder zu Veränderungen der familiären, partnerschaftlichen oder sozialen Situation kann bei Bedarf auch gemeinsam mit den Angehörigen oder Ehepartnern erfolgen.

Testpsychologie

Im Verlauf der Parkinson-Erkrankung können sich die neuropsychologischen Fähigkeiten zur Aufmerksamkeit, exekutive (ausführende) Funktionen und der Merkfähigkeit verändern. Mittels neuropsychologischer Untersuchung können diese Veränderungen dargestellt und interpretiert werden. Die testpsychologischen Verfahren helfen dabei, einzuschätzen, in welchem Ausmaß die kognitive Einschränkung vorliegt. Unterscheiden lässt sich das normale Altern, leichte kognitive Defizite (MCI) sowie die dementielle Entwicklung. Nach der Erhebung der kognitiven Leistungsfähigkeit können gemeinsam alltagsnahe Übungs- und Kompensationsstrategien erarbeitet werden.

Kognitives Training

Auch im Alter oder bei schon bestehenden Gedächtnisstörungen verfügt das Gehirn noch über eine gewisse Flexibilität. Diese dient als Grundlage für das kognitive Training bzw. umgangssprachlich „Gehirnjogging“. Angepasst an die Schwere der Gedächtnisstörungen können in gewissem Umfang Aufmerksamkeit, Konzentration und Merkfähigkeit speziell gefördert werden.
Eine sogenannte „aktivierende Behandlung“ besteht z. B. aus Biographiearbeit, Singen und Malen, Beschäftigung mit vertrauten Aktivitäten, angepasstem kognitivem Training mit spielerischen Übungen, Gemeinschaftsspielen und Bewegungsübungen. Dies soll altbekannte und oft noch gut erhaltene Kenntnisse und Fähigkeiten ansprechen und stabilisieren. Die Durchführung in einer Gruppe kann positive emotionale Erlebnisse, ein Erleben von Normalität und Gemeinsamkeit vermitteln. Das Überwinden von Resignation und Rückzug hat einen deutlich positiven Effekt auf das Befinden und das Selbstbewusstsein des Erkrankten. Patienten können erleben, dass sie mit ihrer Erkrankung nicht allein sind und noch manches beitragen können.

Kognitive Psychotherapieverfahren

Der Umgang mit der Erkrankung, das Ausmaß der psychischen Beeinträchtigung und die Reaktion auf Belastungen sind abhängig von den jeweiligen persönlichen Voraussetzungen, dem Charakter, der Lerngeschichte. Daneben sind der Schweregrad der Erkrankung und individuelle Besonderheiten des Krankheitsverlaufes bei den psychologischen Interventionen ebenso zu berücksichtigen, wie die Frage der generellen Bereitschaft des Patienten, sich auf diese Maßnahmen einzulassen. Ihre Wirksamkeit am besten unter Beweis gestellt haben Verfahren der kognitiven Verhaltenstherapie. Gemeinsam mit dem Patienten können im Gespräch nachteilige, automatische Denkmuster und Verhaltensweisen bewusst gemacht und umgestaltet werden. Schwierige Situationen können analysiert und Veränderungen geplant und geübt werden. Tagespläne, Aktivitäts- und Stimmungstagebücher kommen ebenso zum Einsatz, wie Psychoedukation und Entspannungsverfahren.
Grundannahme ist, dass die Entstehung und Aufrechterhaltung psychischer Störungen mit gelernten Denkmustern zusammenhängt, die oft einseitig verzerrt, übergeneralisiert und katastrophisierend sind. Es resultiert eine negative Sicht des Patienten auf sich selbst, auf die Umwelt und die Zukunft. „Es ist eine Katastrophe, wenn etwas nicht so läuft, wie ich es gerne hätte.“ „Ich bin immer von anderen abhängig.“ „Ich kann selbst nichts gegen meine Nöte tun.“ Therapeutisches Ziel ist die kognitive Umstrukturierung im Sinne einer „Entkatastrophisierung“ und Überwindung eines „Schwarz-Weiß-Denkens“.
Die Bearbeitung sehr eingefahrenen, eingleisigen Denkens und Handelns oder übermäßiger Fixierung auf körperliche Beschwerden kann den Betroffenen mehr und mehr aus der passiven Krankenrolle lösen. Durch ein Training sozialer Fertigkeiten bzw. ein „Selbstsicherheits-Training“ kann der Patient lernen, eigene Ansprüche haben zu dürfen und sich zunehmend trauen, diese zu äußern und auch durchzusetzen.
Aufgrund der begrenzten Behandlungszeit im Vergleich zu stationären psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungen muss darauf verwiesen werden, dass dieser Leistungsumfang im Rahmen der stationären Parkinson-Therapie natürlich nicht erreicht werden kann. Ist eine weitergehende spezifische Behandlung oder eine medikamentöse Therapie sinnvoll oder nötig, so sollte dies dem Patienten empfohlen und auf entsprechende Ängste und Fragen eingegangen werden.

Entspannungsverfahren

Eine ebenso wichtige Rolle spielen Strategien und Maßnahmen zur Stressbewältigung, Entspannungsverfahren sowie Genuss- und Achtsamkeitstraining. Körper und Seele können Entspannung und Gelassenheit wieder erlernen, manchmal müssen sie das sogar. Notwendig dafür ist die regelmäßige Erfahrung eines entspannten Körper- und Gefühlszustandes. Das Gefühl der Entspannung und Ruhe, mit den damit verbundenen positiven körperlichen Reaktionen, ist dann auch in Krisenzeiten abrufbar. Die erfolgreiche Bewältigung einer Belastungssituation löst wiederum angenehme Gefühle wie Glück, Stolz, Zufriedenheit aus.
Entspannungsverfahren zielen durch häufiges Wiederholen der Entspannungsreaktion auf eine Bahnung und Stabilisierung derselben im Nervensystem ab. Je länger und regelmäßiger ein Entspannungsverfahren geübt wird, desto schneller und leichter kann ein körperlich und seelisch entspannter Zustand im Alltag reaktiviert werden. Zudem wird das jedem Menschen innewohnende grundlegende Niveau an Anspannung reduziert. Auf physiologischer Ebene kommt es unter anderem zur Verlangsamung und Gleichmäßigkeit der Atmung und des Herzschlages, Reduktion des Sauerstoffverbrauchs, Abnahme der Schweißbildung, Abnahme des arteriellen Blutdrucks, Tonusminderung der Muskulatur.
Besonders geeignet ist für Parkinson-Patienten die Progressive Muskelentspannung (PMR) nach Jacobson, bei der der Patient lernt, deutlich zwischen Empfindungen von (muskulärer) Anspannung und folgender Entspannung zu unterscheiden. Die PMR stellt daneben eine Methode dar, eine vorhandene Anspannung kontinuierlich und willentlich zu reduzieren. Speziell bei Parkinson-Patienten können daher auch Muskelsteifigkeit und Tremor reduziert werden.
Je nach Eignung des Patienten kommen aber auch Autogenes Training (in der Grundstufe) und Phantasiereisen mit einem „Reiseführer“ zum Einsatz. Konzentrieren sich Patienten zu stark auf körperliche Prozesse und Gedanken oder werden gar unruhiger oder ängstlich unter der Entspannung, sollte man das Verfahren wechseln oder Entspannungsübungen zunächst ganz unterlassen. Auch bei verschiedenen internistischen Begleiterkrankungen (z. B. mit Atemstörungen oder Herzrhythmusstörungen) können PMR und Autogenes Training von Nachteil sein. Hier können dann wiederum geführte Phantasiereisen eher zum Erfolg führen.

Achtsamkeit, Akzeptanz, Genuss

Ursprünglich ist Achtsamkeit ein Begriff aus der buddhistischen Lehre. Im psychotherapeutischen Kontext ist das Konstrukt der Achtsamkeit aus seinen religiösen Bezügen herausgelöst und entfernt sich zum Teil von seiner ursprünglichen Definition. Ein Achtsamkeitstraining kann bei Patienten die wertungsfreie Akzeptanz sowohl angenehmer, neutraler als auch unangenehmer Situationen, Gedanken und Gefühle fördern. Das Training kann sowohl einzeln, als auch in der Gruppe durchgeführt werden.
Die nichtbewertende Wahrnehmung unterbricht dabei automatisierte Gedankenabfolgen und kann damit den automatischen Einstieg in Selbstabwertung, Katastrophengedanken und Einengung auf körperliche Beschwerden und Defizite verringern oder verhindern. Die Weitung des Wahrnehmungshorizontes und die fehlende Bewertung sind Voraussetzung für neue kognitive und emotionale Prozesse.
Genusstraining stellt eine Anleitung zur Wahrnehmungsdifferenzierung, Aufmerksamkeitsfokussierung und zum Wiederentdecken und Erforschen der einzelnen Sinne dar. Beim Genusstraining wird schrittweise jeweils ein einzelner Sinn des Patienten auf einen als angenehm empfundenen Reiz konzentriert.

Das Ziel ist, das Genießen ohne Einschränkung oder Bitterkeit wieder erlernen zu können. Auch eine Förderung der gedanklichen Vorstellung und des Phantasierens findet statt. Zudem soll eine den Genuss bejahende Lebenseinstellung vermittelt werden. Durch Training des „bewussten Genießens“ und in den Alltag integrierter Genussmomente kann mehr Wohlbefinden, Lebensqualität und Selbstfürsorge erlangt werden.

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